Forensische Präventionsarbeit als Aufgabenfeld des LWL

Forensische Präventionsarbeit als Aufgabenfeld des LWL

Forensische Prävention als Aufgabenfeld des LWL

Unsere Fraktion verfolgt den Ansatz, dass eine gelingende präventive Arbeit stets besser ist als eine reaktive Aktivität angesihcts aufwachsender Probleme. Die Zunahme der Unterbringung von Menschen mit hohem Risikopotential, bedingt durch psychische Erkrankung oder Suchterkrankung, lässt uns daher fragen, welche Chancen in einer Intesivierung ambilanter und präventiver Maßnahmen im Bereich der forensischen Psychiatrie bestehen - so der Hintergund unserer aktuellen Anfrage.

Forensische Prävention:

Mit unserer Anfrage haben wir einen ersten Schritt gemacht, die forensische Präventionsarbeit als Aufgabenfeld des LWL schärfer zu konturieren.

Die LWL-Abteilung für Krankenhäuser und Gesundheitswesen und der LWL-Psychiatrieverbund haben unsere Fragen ausführlich beantwortet und so einen guten ersten Überblick ermöglicht.

Für den Umgang mit Menschen mit Risikopotential wird über drei Ansätze berichtet:

  • Seit 2020 wurde zunächst in drei Modellregionen in NRW das Konzept "PeRiskoP NRW" erprobt, das auf eine starke Kooperation von zwischen Gesundheitssystem, kommunaler Ordnungsbehörde, Schulen und psychiatrischen Einrichtungen und der Polizei setzt. Dieser polizeilich orientierte Ansatz über die Kreispolizeibehörden hat seine Grenzen in den gesetzlichen Vorgaben, der Schutz der personenbezogenen Daten und der Eingriffsschwelle innerhalb des Modells.
  • Seit 2012 wurden in Mittelfranken Präventionsambulanzen mit interdisziplinären Teams setzen auf ein Risiko-Management, die Teilnahme erfolgt auf freiwilliger Basis - die Evaluierung verweist auf deutlich positive Ergebnisse. Inzwischen ist das Modell auch gesetzlich abgesichert.
  • In der Schweiz und auch in den Niederlanden und in England werden Konsildienste umgesetzt, die mit entsprechenden Spezialisierungen die allgemeinen Versorgungskliniken berät.

In den elf forensischen Ambulanzen des LWL-PsychiatrieVerbunds werden derzeit 200 entlassene Maßregelvollzugspatienten ambulant behandelt. Dies ist ein wichtiges Angebot der Prävention nach dem Aufenthalt in einer Klinik, bei der die Verhinderung von erneuten, schweren Krankheitsphasen und erneuter Straffälligkeit das Ziel ist. Das gilt ähnlich für die LWL-Klinik Paderborn als Standort einer von insgesamt drei Haftnachsorgeambulanzen in NRW.

Der LWL-Psychatrieverbund prüft die Möglichkeiten, seine bisherigen präventiven Aktivitäten auszuweiten. Neben der Konzeptionierung weiterer präventiver Angebote ist eine gute Zusammenarbeit mit dem zuständigen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW (MAGS NRW) wichtig.

Verstärkte Bemühungen und Maßnahmen der Allgemeinpsychiatrie in neu zu errichtenden, spezialisierten Ambulanzen bedeuten auch einen neuen finanziellen Aufwand.

Entsprechend wird der LWL auch die finanziellen Rahmenbedingungen einer weitergehenden Präventivarbeit und deren Ausgestaltung auch in spezialisierten Projekten und Diensten klären. Darüber hinaus wird geprüft, inwieweit auch die Krankenkassen in die Finanzierung von Präventionsprogrammen einbezogen werden können.

Ein weiter zentraler Baustein wird die Gewinnung des zusätzlich notwendigen Fachpersonals sein.

 

Unsere Fraktion begrüßt diese Entwicklung und den gegenwärtigen Sachstand ausdrücklich - die weiteren Schritte erscheinen konsequent: Die Auswertung bereits vorliegender Studien und Erfahrungen, die pilotartige Umsetzung in den eigenen Einrichtungen und die Vernetzung mit den bereits bestehenden ambulanten Diensten und Klinik-Angeboten des LWL.

 

 

Trends und Entwicklungen im Maßregelvollzug

 

Der zuständige Landesrat Tilmann Hollweg hat mit unserem Arbeitskreis unter Leitung von Anneli Hegerfeld-Reckert ausführlich die aktuellen Trends und Entwicklungen im Maßregelvollzug diskutiert.

Der Anteil von suchtabhängigen Menschen, die mit verminderter oder fehlender Schuldfähigkeit in Kliniken des Maßregelvollzugs behandelt werden, ist gegenüber den voll schuldfähigen Straftätern in den letzten 12 Jahren von 70 % auf jetzt etwa 33 % gesunken - faktisch eine Umkehrung der Verhältnisse. Hier wird eine Entlastung der Kliniken nur dann möglich sein, wenn eine entsprechende Reform des § 64 StGB noch in diesem Sommer erfolgt. Die entsprechenden Beratungen im Bundestag laufen. Begründet wird die anstehende Reform im Gesetzesentwurf der Bundesregierung mit den unerwünschten Auswirkungen im Gerichtswesen:

  • "So werden nach Praxisberichten in nicht unerheblichem Umfang Personen den Entziehungsanstalten zugewiesen, bei denen keine eindeutige Abhängigkeitserkrankung vorliegt, und teilweise scheint die Möglichkeit einer Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt, gerade bei hohen Begleitstrafen, aus Sicht der Verurteilten einen sachwidrigen Anreiz für die Unterbringung in der Entziehungsanstalt zu setzen.
    Daher soll die Unterbringung wieder stärker auf wirklich behandlungsbedürftige und -fähige Täterinnen und Täter fokussiert und so zur Entlastung der Entziehungsanstalten – zumindest im Sinne eines Abbremsens des langjährigen Anstiegs der Unterbringungszahlen – beigetragen werden."

Die Verwaltung setzt auf einen positiven Effekt - hält aber in ihrem Bericht auch fest:

  • "Mit der Vorlage 15/0701 nahm der Ausschuss Maßregelvollzug die Ausführungen der Verwaltung zu den Vorschlägen zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einerEntziehungsanstalt der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Kenntnis. In dieser wurde darauf hingewiesen, dass 15 Jahre nach dem Beschluss des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Erwartungen an eine sinkende Zahl von Unterbringungen in einer Entziehungsanstalt sich nicht erfüllt haben. Die mit der Vorlage 15/0136 dargestellte hohe Überbelegung in den LWL-Maßregelvollzugskliniken bestätigt dies. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der jährlichen Zuweisungen von ca. 200 (Jahre 2010 - 2013) auf gut 300 in den Jahren 2018 - 2021 gestiegen."